Spinnenbisse

Spinnen verfügen über ein Gift, das auch für den Menschen gefährlich sein kann. Das Gift der kleinen Spinnen ist giftiger als das der großen. Dieses Gift hat eine betäubende Wirkung. Darum werden die meist schmerzfreien Bisse der winzigen Tierchen oft nicht erkannt und die Folgen fehldiagnostiziert. Spinnen sind eher friedfertig als angriffslustig. Sie benötigen nicht wie die Zecken menschliches oder tierisches Blut um zu überleben.

Das Spinnengift dient normalerweise dem Beutefang. Menschen werden nur gebissen, wenn die Spinne am Körper in Gefahr gerät. Das Gift wirkt direkt auf das Zentralnervensystem und stört die Nerven in ihrer Funktion. Akute Reaktionen können zum Beispiel Atem- und Muskellähmungen sein, die eigentlich dem Beutetier gelten, um es unfähig zur Gegenwehr zu machen. Der Biss ist schmerzfrei und wird oft erst Stunden später bemerkt. Dieser ähnelt dann einem Mückenstich, unterscheidet sich von diesem jedoch mit einer vorerst starken Rötung und brennendem Schmerz. Die Rötung geht dann langsam in eine bläulich bis violette Verfärbung über. Diese kann über Wochen anhalten und immer wieder auftauchen, stark jucken und eine Kruste hinterlassen. Es kann je nach Spinnenart an der Bissstelle zu Gewebeschäden kommen, auch schmerzfreie "Löcher" können entstehen.

Wie schnell und schwer der Mensch nach einem Biss reagiert hängt von seinem Immunsystem ab. Ein geschwächter Körper erkrankt schneller. Die Symptome erscheinen in periodischen Abständen und dann jedes Mal heftiger. Die Zeiten dazwischen werden im Laufe der Zeit immer kürzer, der Körper ist nicht mehr in Lage, sich von den Schäden zu erholen, es kann dann zu Lähmungen kommen und letztendlich zum Tod führen. Die Lähmungen beginnen immer an den Körperenden, das heißt, von den Zehenkuppen, den Fingerkuppen, der Nasenspitze, der Kinnspitze, den Ohrläppchen, der Zungenspitze, des Schädeldaches.

Zu Komplikationen kommt es, wenn schon andere Erkrankungen vorherrschen. Meist ist es bei der von Zecken übertragenen Borreliose der Fall. Da lässt sich oft ein Borrelienschub von einem Spinnengiftintervall kaum unterscheiden. In diesem Fall schreiten beide Krankheiten sehr schnell voran. Der Patient leidet unendlich.

Die äußeren Erkennungszeichen der Haut zeigen sich in einer Vielfalt von Reaktionen. Primär steht die Blaufärbung an den Körperenden, das heißt an Nase, Kinn, Ohrläppchen, Fingerkuppen, Zehenkuppen. Danach erscheinen blaumarmorierte Hautareale. Es entstehen Hornhäute an den Fersen, Ballen, Zehen und trockene, schälende Haut an den Handinnenflächen und Fußsohlen. Die Haut an Armen und Beinen ist kalt, trocken und schuppt. An den Gelenken trocknet die Haut mit einer Silberkruste, die stark schuppt. Die Nägel werden gelb und verhornen.

Am ganzen Körper können Reaktionen entstehen die einer Neurodermitis gleichen oder von einer Schuppenflechte kaum zu unterscheiden sind. Am Haaransatz erscheint ein akneähnlicher Ausschlag. Die Kopfhaut juckt und schuppt, die Haare werden spröde, widerspenstig, kraftlos und fallen aus. Das absterbende Gewebe, die Nekrosen, an den Fingerkuppen und auch Zehenkuppen schmerzen bei Kälte, platzen, bluten und haben eine schlechte Wundheilung. Die Hände und auch die Füße können schon bei geringer Kälte eine starke Blaufärbung annehmen, jedoch auch vorübergehend schmerzhaft weiß werden. Auch bei Wetterwechsel gibt es diese Erscheinungen, überhaupt wird der Körper sehr wetterempfindlich.

Heiserkeit, Räuspern, Husten, Atemstörungen, Atemnöte treten in periodischen Abständen auf. Die Hustenattacken ähneln asthmatischen Anfällen.

Die Psyche leidet, es folgen Wesensveränderungen. Die Persönlichkeit verändert sich. Das Spinnengift verändert den ganzen Menschen. Da gibt es Stimmungsschwankungen. Eine Depression kann plötzlich in eine Aggression umschlagen. Himmelhoch jauchzend, zu Tode betrübt. Die Volksweisheit charakterisiert diese Stimmungslage. Oder: Der benimmt sich wie von einer Tarantel gebissen. Der Patient ist unzufrieden und von Launen getrieben. Emotionale Labilität, Melancholie, Gereiztheit und Wut, auch zerstörerische Wut, nehmen zu. Hinzu kommen Ängste, Panik, Manien und Phobien; Gesellschaftsscheue sich zurückziehen wie in einen Kokon. Zerstreutheit, Vergesslichkeit und Unkonzentriertheit ähneln einer Alzheimersymptomatik. Die zunehmende Unhöflichkeit kann von anderen nicht verstanden werden. Andere reizen, ärgern und quälen erscheint wie eine Wolllust.

Das Sehen ist gestört. Die Augen jucken zeitweise. Oft sind sie trocken, der Tränenfluß ist gestört. Augenflimmern, Flackern vor den Augen und das Gefühl, das gesamte Auge wackelt führen zu Unsicherheit und Angst. Lidödeme und Hautausschläge auf den Oberlidern können zeitgleich mit einer Augenbindehautentzündung auftreten.

Der Schlaf ist gestört. Das Einschlafen ist verzögert, häufiges Wachwerden und stundenlanges Wachliegen schwächt den Allgemeinzustand umso mehr. Nur härteste Schlafmittel erreichen eine Wirkung.

Überwiegend bei Frauen zeigen sich Schilddrüsenstörungen, die beginnen meist mit einem Kloßgefühl und Schwellungen der Halslymphknoten. Allgemein kann es zu Hormonstörungen kommen, auch zu Potenzstörungen, Libidoverlust und Sterilität. Letztere auch über die Kälte im Genitalbereich.

Herzbeschwerden äußern sich durch Engegefühl am Herzen und Brustschmerzen. Nicht selten kommt es zur Luftansammlung im Brustkorb mit stark anhaltendem Aufstoßen. Diese Symptome verschlimmern sich im Laufe der Zeit und lösen Panikattacken aus. Der Kreislauf ist gestört und lässt sich kaum beeinflussen. Zeitweise gibt es erhebliche Blutdruckschwankungen.

Im Oberbauch führen die Völle und der Druck zum Trommelbauch. Bauchgeräusche und Blähungen folgen. Magenbeschwerden erscheinen häufig nach dem Essen. Vorübergehendes Erbrechen setzt plötzlich und ohne vorherige Übelkeit ein. Bauchweh und Bauchkrämpfe wechseln ohne ersichtlichen Grund. Sie treten periodisch auf und sind nicht die Symptome einer Magenverstimmung oder Magenschleimhautentzündung. Die Krämpfe in den Bauchmuskeln ähneln kolikartigen Anfällen. Alle Bauchorgane sind in der Funktion gestört.

Grundloses Absterben von Zahnnerven und Zahnlockerungen sind oft verbunden mit Trigeminusneuralgien, Tinnitus und Ohrgeräuschen, Knirschen mit den Zähnen und Zuckungen der Gesichtsmuskeln. Die Mundtrockenheit betrifft nicht immer den ganzen Mund. Aphthen, Zungenbelag und Zahnfleischbluten gesellen sich dazu. Die Schluckbeschwerden gehen mit Räuspern und Kratzen im Hals einher. Die ständige Kälte, das innere Frieren und die Kälteschauer gleichen einem Schüttelfrost.

Die Knochenschmerzen sind nicht mit rheumatischen Schmerzen zu vergleichen. Die empfundene Kälte in den Knochen und Gelenken zieht, die Muskeln verhärten und spannen sich und führen zu Bewegungsstörungen. Eiskalte Füße erschweren das Einschlafen, kalte Kniegelenke unterbrechen den Schlaf und verursachen langes Wachliegen.


Das unwillkürliche Zucken und Bewegen der Beine löst weitere Muskelschmerzen aus. Zwischendurch gibt es Schwäche in den Beinen, sie wollen nicht laufen, können den Körper nicht tragen. Die Füße schmerzen morgens beim Aufstehen, die ersten Schritte sind schmerzhaft, es fühlt sich an, als ob die Grundgelenkknochen erst einmal sortiert werden müssen, dann kann es weitergehen. Unterhalb der Knie tritt kurzzeitig ein Schmerz auf, als ob die unteren Beine abbrechen würden. Im späteren Verlauf, meist mit den Lähmungserscheinungen, tritt eine Muskelerschlaffung ein.

Lähmungen können vorerst vorübergehend auftreten. Diese gehen immer von den Körperenden aus. Auch die Zunge kann betroffen sein, oft beginnt die Zungenspitze mit Kribbeln. Am ganzen Körper können ungewöhnliche Zuckungen und unkoordinierte Bewegungen auftreten. Die Beine erscheinen müde, wollen nicht mehr laufen. Es kommt zu Geh- und Gangstörungen, die zur Unsicherheit, Ängstlichkeit und Labilität führen. Zeitgleich kann es noch zur schmerzhaften Spastik kommen. Gefäßspasmen und Venenstauungen häufen sich. Mit einem blitzartigen Schwindel folgt die Neigung nach Vorne oder zur Seite zu fallen. Taubheitsgefühl, Kribbeln und Zittern sind die Frühwarnungen der bevorstehenden Lähmungen.

Spinnengifte gelangen nicht nur über einen Biss in den Körper. Ganze Spinnen werden unbewusst mit der Nahrung verschluckt. Ich hatte eine Patientin, die nach der zweiten Schwangerschaft psychische Probleme bekam. Es stand bereits eine Einweisung in die Psychiatrie an, als sie zu mir in die Behandlung kam. Ihre ständigen Ängste und Panikattacken wurden auch für die Familien unerträglich. Ich testete Spinnengifte aus. Ihr Vater konnte sich erinnern, dass sie als Säugling eine Spinne verschluckt hat. Sie konnte mit entsprechenden Nosoden geheilt werden.

Allein schon der Hautkontakt mit Spinnen und Spinnweben kann krank machen. Die Sekrete der Spinnen und ihre Härchen können Allergien auslösen. Auch durch das Zerquetschen von Spinnen mit bloßen Händen oder Erschlagen am Körper kann eine Spinnenbisserkrankung entstehen.

Ich habe bei fast allen Spinnenbisserkrankten eine Milcheiweißallergie oder Laktoseintoleranz festgestellt. Es besteht eine Lust auf Zigaretten und Alkohol.

Eine Spinnenbisserkrankung kann harmlos, vorübergehend oder auch schwer sein und hängt immer vom Gift der Spinnenart, der Häufigkeit der Bisse und dem Immunsystem des Körpers ab. Die Erkrankung kann sehr schleichend verlaufen, sich über Jahrzehnte hinziehen. Es müssen nicht alle aufgeführten Symptome zu einem Spinnenbiss gehören. Bereits ein gewisser Teil der aufgeführten Symptome sollte Anlass einer speziellen Untersuchung sein.


Auszug aus dem Buch: Elfriede Fust, Spinnenbisserkrankungen